Marktpremiere in Schwetzingen

 

Manchmal wünsche ich mir ein Mauseloch, in das ich mich vor Scham verkriechen kann: Ich glaube, ich habe heute keinen Fehltritt ausgelassen!

 

Den Weg zum Markt finde ich ja noch ganz gut und habe den Herrn, der mich einweisen soll auch schnell gefunden. So. Aber dann:

 

Weil der Weihnachtsbaum noch weihnachtsbäumt bekomme ich für heute einen Platz direkt hinter einem Mülleimer zugewiesen. Der Herr vom Markt ist auch ganz fürsorglich: Ob ich den Wagen denn dort einparken kann? Ich soll aber wirklich ganz vorsichtig sein! - Alles kein Problem! ... Schwups, steht der Wagen an der entsprechenden Stelle, ich steige aus, frage ihn, ob das so richtig ist. Grundsätzlich habe ich das echt gut gemacht, allerdings ... ist meine Klappe jetzt ... auch nett, allerdings auf der falschen Seite. Huch!

 

Bei der Ausfahrt nach dem Markt fahre ich dann auch mit vor stolz geschwellter Brust prompt entgegengesetzt der Einbahnstraße und stehe vor verschlossenen Pollern ... die der Herr mir "ausnahmsweise" herunterlässt. Freilich ist das sehr freundlich, allerdings muss ich einräumen, dass ich bei einem weiteren Blick in meinen rechten Außenspiegel bemerke, dass ich beim Versuch, meinen Wagen zurückzusetzen, so dicht an seinem Stand entlanggeschrammt bin, dass (so würde es mein Papa ausdrücken, für den das "Seligenstädter Heimatblatt" immer der ausschlaggebende Maßstab war, wie dicht sein Auto an unserem alten Haus stehen musste) "kein Heimatblättchen mehr dazwischen passt". Ich nehme diese Erkenntnis mit Schrecken wahr, gucke aber fröhlich aus der Wäsche als sei es nicht Dusseligkeit, sondern Können. Allerdings höre ich die Gedanken des Herrn bis zu mir in die Fahrerkabine: 'Hoffentlich kommt die nicht wieder!'

 

 

Wie schon gesagt, stehe ich heute an einem Platz, der noch nicht so wirklich der richtige ist. Direkt vor meiner Klappe ist ein Quadrat mit 4 Bäumen und ein Mülleimer. Das heißt, jeder, der gucken möchte, muss erst einmal durch die Bäume und um den Mülleimer herum. Aber gut, so ist es halt heute und nächste Woche stehe ich gegenüber zwischen Putenspezialitäten und Dampfnudeln.

 

Für mich ist dieser Markt in Schwetzingen ein bisschen schwieriger als die Märkte in Wiesental, wo ganz viele Menschen ja einfach auch kommen, weil sie mich kennen, und Mannheim, wo so viele Menschen sind, dass es wurscht ist, ob man jemanden kennt oder nicht. Viele eilen auf dem Weg zur Arbeit nur schnell vorbei, viele bleiben in durch die Bäume und den Mülleimer vorgegebenr Entfernung stehen und lunsen nur, können aber nicht wirklich etwas erkennen ...

 

Aber dann gibt es da auch noch "die anderen", die kommen, die gucken, die wissen möchten, wer ich bin und was ich denn da tue. DAS ist es, was mir auch an schwierigen Tagen wie heute (aber im Moment sind ja alle Tage noch schwierig!) Mut macht. Nein, für mich ist es ganz selbstverständlich, dass Menschen nicht sofort kommen und kaufen. Das tu ich auch nicht. Und mal Hand auf's Herz: Mein Küchenschrank ist auch prall gefüllt (vor allem wahrscheinlich mit Lebensmitteln, die längst das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten haben, weil ich, obwohl wir inzwischen nur noch ein 2-Mann-Haushalt sind, noch immer einkaufe, als müsste ich eine ganze Fußballmannschaft verpflegen) und ich brauche auch nicht immer genau das, was mir gerade angeboten wird. Aber gucken, sich interessieren, seinen eigenen Idealismus auf Verpackung zu verzichten wiederfinden oder ihn durch mich neu entdecken - DAS ist es, was mir guttut.

 

In Schwetzingen sollte eigentlich auch ein unverpackt-Laden eröffnen, was mir ein bisschen Bauchschmerzen bereitete, als ich mich um einen Stellplatz dort auf dem Markt bewarb. Ich finde - na klar! - diese Initiativen großartig und möchte gerade jungen Menschen nicht gerne im Wege stehen, indem ich als "Konkurrenz" auftrete. Aber dann dachte ich: Solange er noch nicht eröffnet hat, können sich die Menschen schon mal an die Idee, mit Dosen und Gläsern einkaufen zu gehen, gewöhnen. Mich gibt es ja nur auf dem Markt, den Laden gibt es immer und dass ich auf ihn hinweise, ist für mich gar keine Frage. Leider habe ich mich heute mit vielen Menschen unterhalten, die den Eindruck haben, dass dieses Projekt an der Finanzierung gescheitert ist, aber Genaues weiß niemand so genau. Wenn das stimmt, ist das wirklich schade!

 

Für mich gibt es heute zwei große Sonnenscheins:

 

Schon relativ früh am Morgen kommt ein Herr mit seinem Fahrrad an meinen Stand, ist hellauf begeistert und möchte gleich ein Foto machen, um es an die hiesige Presse zu schicken mit der Bitte, einen Artikel über meinen Wagen zu verfassen. Ich muss ihn zwar leider bitten, seinen Foto eingesteckt zu lassen, weil das mit dem Mülleimer nun wirklich nicht gut aussehen würde (ich habe ja nicht eben ein Fotografenauge, aber dass das furchtbar aussieht, versteht auch ein Blinder mit Krückstock), gebe ihm aber meinen Flyer mit mit der Bitte, mir kurz eine Mail zu schreiben, damit ich ihm ein schönes Foto schicken kann. Das erübrigt sich allerdings ganz bald, denn - schwups - habe ich eine Kopie von seiner Mail an die Zeitung und - noch schwupser - eine Anfrage von eben dieser in meiner Mailbox, ich möchte doch bitte mal anrufen. Ist das klasse?!!!!!!! Ich komme in die Zeitung!!!!!

 

Ob ich es dem gleichen Herrn verdanke, dass gegen Mittag eine Dame vor meiner Klappe auftaucht, die mir erzählt, sie habe gerade im Französischkurs von mir gehört und müsste doch jetzt mal unbedingt gucken, was ich bin, weiß ich nicht. Jedenfalls hat man in eben diesem Kurs wohl gerade in letzter Zeit über Umweltschutz diskutiert und da komme ich gerade zur rechten Zeit und stehe mit meinem Wagen auf dem Markt!

 

Ganz ehrlich? Ich freue mich total über meinen Samstagsplatz auf dem Markt in Mannheim, aber so ein bisschen bedauere ich es schon, dass ich nicht gleichzeitig in Schwetzingen stehen kann. Plöd, plöd, plöd!